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Im Würgegriff der Klimaextremisten

2023-03-09
Zeit zum Lesen 5 min
Beim Karnevalsumzug in Düsseldorf stach ein Wagen ins Auge: er zeigte ein Mitglied der klimaextremistischen „Letzten Generation“ im Kampf gegen ein Automonster. Düsseldorf übernahm damit das gängige Narrativ von „David gegen Goliath“ und ordnete den Extremisten die Rolle der Helden zu – nicht zuletzt, da der darunter stehende Spruch „Wer ist hier der Klimaterrorist?“ deutlich machte, dass die CO2-Schleudern verantwortlich sind, nicht die Aktivisten.

Dabei wirft der Vorfall ein bezeichnendes Licht auf die Debatte. Denn die „Letzte Generation“ klebt sich nicht auf die Straße, um Braunkohlebagger aufzuhalten, sondern den Verkehrsfluss in den Großstädten zu sabotieren. Kaum ein Tag vergeht mehr in Deutschland ohne eine solche Störung. In Berlin hat sich der Montag zum inoffiziellen Blockadetag hochgearbeitet. Während tausende Arbeitnehmer von den Klimarettungswünschen der „Letzten Generation“ terrorisiert werden, hat sich landläufig das Bild etabliert, sie richteten sich gegen finstere Mächte. Dabei schädigen sie in Wirklichkeit die wehrlosen Bürger der Unter- und Mittelschicht. Das akademische Milieu, die Politik und die Presse, die von solchen Blockaden kaum betroffen sind, können dagegen in aller Ruhe ihr Narrativ im Altbau mit Fischgrätenparkett stricken.

Der Karnevalswagen hat jedoch noch eine weitere Bedeutung. Denn neben der vermeintlichen Parteinahme für das Gute lässt sich die Hommage an die Klimaextremisten auch als Schutzgeld verstehen. Denn die „Letzte Generation“ hatte angekündigt, auch die traditionellen Karnevalswagen zu blockieren. In diesem Sinne warfen sich die Veranstalter einem Häuflein Erpresser zu Boden. Sie signalisierten, dass sie auf der Seite der Extremisten stünden, in der Hoffnung, dass das Krokodil, so lange man es füttere, einen anderen frisst. Das ist der Stand der deutschen Bundesrepublik im Frühjahr 2023 nach einem Jahr zermürbender „Klima-Aktionen“.

Nicht nur die Organisatoren des Karnevals ließen sich zu einem solchen Kotau herab. In Hannover gab der Oberbürgermeister den Extremisten nach. Er will einen „Gesellschaftsrat“ einführen, wie ihn die „Letzte Generation“ einfordert. Der Gesellschaftsrat klingt nicht nur nach Räterepublik, er trägt genau einen solch verheerenden Geist in sich. Denn nicht demokratisch gewählte Institutionen sollen mehr frei agieren, sondern ein Expertengremium Entscheidungsgewalt bekommen. Der Historiker kann nur baff konstatieren: mitten in Deutschland haben sich Extremisten mit ihrer Forderung nach einer soft-sozialistischen Regierungsform auf Kommunalebene durchgesetzt. Gönnerhaft kündigte die Gruppe an, ihre Störaktionen in der niedersächsischen Landeshauptstadt zu beenden.

Es ist nur ein Fragment in einem Alltag geworden, in dem die Skurrilität zur Normalität und die Normalität zur Skurrilität geworden ist. Vor dem Bundeskanzleramt sägen die Extremisten einen Baum ab, während die Polizei seelenruhig danebensteht. Auf ähnliche Weise hatte die „Letzte Generation“ den Weihnachtsbaum vor dem Brandenburger Tor verstümmelt – die Beamten schauten zu. Weder das Eindringen auf das Gelände eines Kohlekraftwerkes, um die Zufuhr mit Ressourcen zu stoppen – und damit die Stromzufuhr – noch der Überfall auf den Berliner Flughafen und die Besetzung einer Rollbahn haben für den Aufschrei gesorgt, den man erwarten würde, würden nicht linke, sondern rechte „Aktivisten“ ähnliche „Aktionen“ im selben Ausmaß unternehmen.

Stattdessen warnen große Medien den Bürger, der sich angesichts eines solchen Umgangs mit Saboteuren die Augen reibt: es wird dringend davon abgeraten, die Störer durch Handgreiflichkeiten von der Straße zu zerren. Man könnte wegen Nötigung vor Gericht landen. Während die eine Gruppe das Recht hat, den Verkehr lahmzulegen und beispielsweise Autofahrer zu nötigen, sollen die Autofahrer dies still ertragen, da sie sonst von der Justiz belangt werden könnten.

Es ist müßig, über die Frage zu philosophieren, ob Bewegungen wie „Extinction Rebellion“ oder eben die „Letzte Generation“ als Terroristen eingestuft werden sollen. Es reicht die Klarstellung, dass es sich um Extremisten handelt – denn der Eingriff in die demokratische Grundordnung zugunsten der Errichtung von „Gesellschaftsräten“ steht wohl kaum auf einer verfassungsrechtlichen Grundlage. Dass man mit Extremisten ebenso wenig verhandeln soll wie mit Terroristen, ist eine Binsenweisheit.

Die deutschen Entscheidungsträger tun das genaue Gegenteil: wenn sie sich gerade mal nicht anbiedern oder beugen, dann dürfen Klimaextremisten in Talkshows auftreten oder lange Artikel wie etwa im Magazin „Spiegel“ schreiben. Dort hatte der schwedische Extremist Andreas Malm genügend Platz erhalten um sich dafür rechtfertigen, warum Gewalt erlaubt sei, wenn es darum gehe, das Klima zu schützen.

Wie wenig derlei nützt, zeigt ein kürzlich erschienenes Video, das verkündet, dass die „Letzte Generation“ in Zukunft noch weitere Attacken auf den Alltag ausüben würde. Es ist nicht weniger als die Ankündigung von Straftaten in Richtung eines Massenpublikums, dass einerseits dazu erzogen wird, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, um nicht den halben Tag im Stau zu stehen; andererseits sich fragt, wie machtlos der deutsche Staat dem Phänomen noch entgegensehen will. Doch es ist eine falsche Perzeption.

Denn der Staat ist nicht machtlos: ganz offenbar sieht er die Klimaextremisten als nützliche Gehilfen an. Dass der vermeintliche David von NGOs finanziell gepäppelt und über indirekte Wege sogar Gelder aus einem Bundesministerium bekam, gehört zur anderen Seite der Geschichte. Die „große Transformation“, die jedes politische Thema dem Klimaschutz unterordnet, ist erklärter Bestandteil des Koalitionsvertrags. Selbst Savonarolas Kinderarmee hätte diese Aufgabe nicht besser erledigt.

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